
Robusta ist nicht der kleine Bruder von Arabica. Interview mit Jean-Paul Mvongo
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Jean-Paul, Ayos Coffee steht für hochwertigen Robusta-Kaffee aus Kamerun. Warum Robusta – und nicht Arabica, wie ihn die meisten Spezialitätenröster bevorzugen?
Jean-Paul Mvongo: Ich komme aus Ayos, einer kleinen Stadt in Kamerun. Dort ist Robusta Teil unserer Landschaft, unserer Geschichte, unseres Alltags. Als Kind habe ich die Kaffeekirschen direkt vom Strauch genascht. Für mich ist Robusta kein Ersatz – er ist eine andere Sorte. Arabica ist der Liebling des globalen Nordens, aber Robusta hat Qualitäten, die gerade erst wiederentdeckt werden: Tiefe, Würze, Körper. Und ein Reichtum, der oft übersehen wird.
Robusta gilt vielen als „der billige Kaffee“. Wie erklärst du diesen Ruf – und warum ist er falsch?
Robusta wurde oft auf Masse angebaut, die Industrie hat ihn verarbeitet, um Instantkaffee herzustellen und viele glauben er ist nur da um Blends ihre Crema zu verleihen. Aber das sagt nichts über sein Potenzial aus. Wenn du Robusta mit Respekt behandelst – vom Boden bis zur Röstung – dann bekommst du einen Kaffee, der eigenständig ist. Alles andere als minderwertig, einfach anders. Robusta ist nicht der kleine Bruder von Arabica. Er ist ein anderer Charakter: Vollmunding, mit ausgeprägter Süße, intensiven Schokolade-Nuss-Noten und geringer Säure.
Was macht denn einen guten Robusta aus – im Sinne von Spezialitätenkaffee?
Ein gutes Terroir, eine ausgewählte Ernte, eine saubere Aufbereitung und sorgfältige Sortierung – all das ist entscheidend. Wir arbeiten in kleinen Kooperativen, ernten nur die reifen Kirschen und trocknen sie auf Hochbetten. Das dauert länger, ist aufwendiger & teurer, aber es lohnt sich.
Was viele nicht wissen: Robusta ist die geheime Zutat im klassischen italienischen Espresso. Ohne ihn gäbe es diese dichte, nussbraune Crema nicht, diesen tiefen Körper. Robusta ist die Essenz, das Rückgrat. Nur hat man ihn jahrzehntelang versteckt – jetzt geben wir ihm seinen Namen zurück.
Wie reagiert der Markt darauf?
Die Neugier wächst. In der Specialty Coffee Szene merkt man, dass Robusta ein Comeback feiert. Rösterinnen und Röster suchen neue Profile, neue Geschichten. Und unsere Kund:innen merken: Das schmeckt nicht nur anders – das fühlt sich auch anders an. Viele sind überrascht, wie mild und ausgewogen ein hochwertiger Robusta sein kann.
Du hast den Klimawandel schon öfter angesprochen. Wie betrifft er eure Arbeit konkret?
Indirekt. Zentral-Kamerun bietet im Vergleich zu großen Produzentenländern wie Brasilien oder Vietnam ein stabileres Klima – ein echter Vorteil in Zeiten des Klimawandels. Während weltweit die Wetterextreme zunehmen und Ernten unberechenbarer werden, kann Kamerun mit einer gewissen Versorgungssicherheit punkten. Und das wird immer relevanter, denn der Klimawandel setzt den Kaffeemarkt zunehmend unter Druck. Gleichzeitig ist Robusta in gewisser Weise widerstandsfähiger als Arabica. Er verträgt höhere Temperaturen, braucht weniger Höhenlage, ist robuster – daher auch der Name. In einer Welt im Wandel könnte Robusta eine wichtige Rolle spielen. Aber nur, wenn wir nachhaltig arbeiten.
Was heißt das konkret: nachhaltig?
Für mich heißt das vor allem: mit den Menschen vor Ort gemeinsam wachsen. Wir zahlen faire Preise, investieren in Schulungen, in Infrastruktur. Unsere Farmen arbeiten zunehmend agroforstlich, also mit Schattenbäumen, die CO₂ speichern und die Böden schützen. Das ist langsamer als industrielle Landwirtschaft, aber langfristig stabiler. Und: es bewahrt die Lebensgrundlagen der Familien, die den Kaffee anbauen. Ohne sie gibt es keinen Kaffee.
Was bedeutet dir Ayos Coffee persönlich?
Es ist eine Brücke. Zwischen meiner Herkunft und meiner Wahlheimat Europa. Zwischen Tradition und Innovation. Und es ist ein Versuch, Wertschätzung sichtbar zu machen – für ein Produkt, das jeden Morgen auf Millionen Tischen steht, aber oft unsichtbar bleibt. Kaffee ist ein Kulturträger. Und Robusta darf in dieser Kultur endlich seinen Platz bekommen.
Letzte Frage: Wie trinkst du deinen Kaffee am liebsten?
Ein italienischer Espresso, genüßlich getrunken. Ohne Zucker. Ohne Hektik.